Seite wählen

Mein Kommentar zum PA284

07. April 2012 | Archiv | 0 Kommentare

Auf dem Bundesparteitag in Offenbach habe ich für den Antrag PA284 gestimmt:

„Zum Wahlprogramm der Piratenpartei Deutschland für die nächste Bundestagswahl soll folgender Text hinzugefügt werden:

Bedingungsloses Grundeinkommen und Mindestlohn

Wir Piraten setzen uns für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ein, das die Ziele des „Rechts auf sichere Existenz und gesellschaftlicher Teilhabe“ aus unserem Parteiprogramm erfüllt.
Es soll:
die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.

Wir wissen, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Paradigmen des Sozialstaats wesentlich verändern wird. Statt mit klassischer Parteipolitik muss dessen Einführung daher mit einer breiten Beteiligung der Bürger einhergehen.

Wir nehmen viele engagierte Menschen wahr, die sich seit Jahren in- und außerhalb von Parteien für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen. Wir wollen dieses Engagement auf die politische Bühne des Bundestages bringen und mit den dortigen Möglichkeiten eine breite und vor allem fundierte Diskussion in der Gesellschaft unterstützen.

Dazu wollen wir eine Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag gründen, deren Ziel die konkrete Ausarbeitung und Berechnung neuer sowie die Bewertung bestehender Grundeinkommens-Modelle sein soll. Für jedes Konzept sollen die voraussichtlichen Konsequenzen sowie Vor- und Nachteile aufgezeigt und der Öffentlichkeit transparent gemacht werden.

Zeitgleich werden wir uns im Bundestag dafür einsetzen, dass noch vor Ende der Legislaturperiode die gesetzlichen Grundlagen für Volksabstimmungen auf Bundesebene geschaffen werden. Sie sollen den Bürgern ermöglichen, sowohl die in der Enquete-Kommission vorgestellten als auch andere Grundeinkommens-Modelle als Gesetzentwurf direkt zur Abstimmung zu stellen. Um dabei über eine Vielfalt an Konzepten gleichzeitig entscheiden zu können, sollen Volksabstimmungen auch mit Präferenzwahlverfahren durchgeführt werden können.

Bis zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens setzen sich die PIRATEN für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn ein.“

Ich wurde von Simon Stützer gebeten einen Kommentar zu diesem Beschluss zu schreiben.
Das hat lange gedauert, da ich kommentieren nicht besonders interessant finde.

Auch aufgrund der Welle, die die Modellüberlegung der Sozialpiraten ausgelöst hat, habe ich nun doch meine Gedanken zu PA284 aufgeschrieben:

Ich verstehe diesen Antrag als Ausdruck einer grundsätzlichen Bereitschaft eine gesamtgesellschaftliche Diskussion zum Thema Kulturimpuls bedingungsloses Grundeinkommen zu führen.
Sollten Mitglieder der Piratenpartei in den nächsten Bundestag gewählt werden, nutzen wir dafür natürlich auch die Mittel und Werkzeuge die uns dann als Volksvertreter zur Verfügung stehen.

Die Aspekte Enquete Kommision, die man gar nicht gründen kann, Volksabstimmung und Mindestlohn, die einen eigenen Antrag verdienen, finde ich nicht gut untergebracht in diesem Antrag.

Nach dem Parteitag kam Hektik auf: „Was machen wir jetzt mit diesem Beschluss? “ „Wo ist das Modell? “ „Was sagen wir den Bürgern? Wie erklären wir diesen Beschluss?“.

Ich war fassungslos.
Wir haben doch nicht beschlossen ein fertiges Modell aus dem Hut zu zaubern.

Wir haben beschlossen die gesamtgesellschaftliche Diskussion zu befördern.
Wir haben beschlossen gemeinsam mit allen interessierten Bürgern an der Umsetzung zu arbeiten und das Thema gemeinsam weiterzuentwickeln.

Viele Bürger haben noch nie etwas vom Thema Grundeinkommen gehört.
Viele haben noch zu wenig Information um sich eine Meinung bilden zu können.
Viele Fragen sind noch nicht beantwortet.
Starke Ablehnung und Bedenken gibt es natürlich auch.

Ich denke der Beschluss macht sichtbar, dass dass viele Mitglieder der Piratenpartei es für sinnvoll halten, andere Bürger verstärkt über das Thema bedingungsloses Grundeinkommen zu informieren, Diskussionen zum Thema anzubieten und zu tun was uns sonst noch einfällt um die gesamtgesellschaftliche Diskussion zu befördern.

Vom Beschluss enttäuschte und unzufriedne Parteimitglieder nun wieder „mit ins Boot“ nehmen zu wollen, wie ich auf dem Parteitag in Offenbach oft gehört habe, halte ich für peinlich, da ich nie auf die Idee käme, ein Parteitagsbeschluss würde andere Parteimitglieder zu einer Meinung zwingen, die sie nicht vertreten wollen.
Ich betrachte Parteitagsbeschlüsse folglich eher als deutlich sichtbares Meinungsbild.
Ich freue mich über Vielfalt. Die Diskussionen mit Kritikern empfinde ich oft als bereichernd.

Es geht nicht darum nun parteiintern ein Grundeinkommensmodell zu entwickeln und den erstaunten Bürger damit zu beglücken.

Das halte ich für übergriffig und nicht zeitgemäß.

Partei sagt wo es langgeht.

Das ist eine Erwartung an Parteien, die spürbar im Raum schwebt, zum Teil auch massiv geäußert wird, die ich aber nicht teile.
Ich möchte nicht von dieser Erwartung getrieben oder gelenkt werden.
Das Röslersche „Wir werden liefern “ ist nicht der Politikstil den ich pflege.

Bürgerdemokratie statt Parteiendemokratie.

Das versuche ich durch meine politische Arbeit, nun auch innerhalb der Piratenpartei, mit auf den Weg zu bringen.
Ich informiere, ich frage, ich höre zu, ich spreche, ich entwickle, zusammen und allein, je nach dem was ansteht.
Ich suche Werkzeuge, die eine breite Mitwirkung und Zusammenarbeit aller gesellschaftlich interessierten Bürger leichter ermöglichen.
Den Beschluss, der auf dem Parteitag anwesenden Piraten, sehe ich als Signal:
Viele von uns beschäftigen sich mit dem Thema bedingungsloses Grundeinkommen.
Dieses Thema halten viele für wichtig.

Natürlich können auch Modellüberlegungen sinnvoll sein und zur Diskussion gestellt werden.
Das ist aber lediglich ein Aspekt der Arbeit am Thema.
Sehr wichtig erscheint mir momentan, so wie es im Antrag steht, die ergebnisoffene, gesamtgesellschaftliche Diskussion zu befördern.

Was bedeutet bedingungsloses Grundeinkommen überhaupt?
Ist es eine gute und zeitgemäße Basis für unser Zusammenleben ?
Wie hoch ist der Betrag bei dem ich mich persönlich abgesichert fühle?
Ich schlage öffentliche Gesprächsrunden in Städten und Gemeinden vor.
Stammtische, die dem Thema gewidmet sind.
Information.

Die gesamtgesellschaftliche Diskussion befördern und das Thema gemeinsam mit allen interessierten Bürgern ruhig und mit Sorgfalt weiterentwickeln.
Das ist die Arbeit und die Aufgabe die ich sehe.
Das drückt der Parteitagsbeschluss aus.
Angenehm freilassend finde ich.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Share This